Geschichte
Seit 1960 ist auf dem Priwall der Liegeplatz des Viermasters "Passat". Sie ist nach dem Leuchtturm zum zweiten Wahrzeichen Travemündes geworden. 1959 war sie außer Dienst gestellt worden, nachdem 1957 die ähnlich gebaute "Pamir" gesunken war. Die Hansestadt Lübeck bewahrte sie vor dem Abwracken und holte sie nach Travemünde. Die "Passat" ist einer der legendären "Flying-P-liner", deren Namen alle mit P begannen. Die "Peking" ist heute noch in New York zu besichtigen (eventuell nicht mehr Lange, denn das dortige Museum steckt in finanziellen Schwierigkeiten), die ehemalige "Padua" segelt heute als Segelschulschiff der russischen Marine unter dem Namen "Krustenstern" und ist gern gesehener Gast in Travemünde. Als Meilenstein deutscher Seefahrtsgeschichte wurde die "Passat" 1978 unter Denkmalschutz gestellt.
Das "flying" steht für die rasante Geschwindigkeit von 18 Knoten, die die "Passat" mit über 4.600 Quadratmeter Segelfläche an ihren vier 56 Meter hohen Masten und Rahen an Fahrt machte.
Ende der 90er Jahre wurde das Schiff von Schleppern gezogen über die Trave zur Reede nach Kiel zur Überholung geführt. Hunderttausende verfolgten das Schauspiel. Bald schon gründete sich ein Verein, der es sich zur Aufgabe machte, die Passat als segelnden Botschafter in die Welt zu senden, aber die Hansestadt Lübeck, die Jahre zuvor mit dem Ankauf der "Passat" einst einen Grundstein legte, lehnte eine finanzielle Unterstützung ab.
Die Geschichte der Passat von 1911 - 1959 in Kürze
März 1911 Beginn des Baus der Passat in der Hamburger Werft Blohm & Voss
September 1911 Stapellauf der Passat
November 1911 Ablieferung der seefertig ausgerüsteten Passat Preis: 680.000 Mark Die Patin war Frau Gertrud Grau
der Taufspruch lautet:
" Der Sturm bedroht in der Nordsee den Segler. Dichter Nebel im verkehrsreichen Kanal bereitet Gefahr. Des Ozeans ganze Wucht trifft ihn in der Biscaya. Erst wenn der Wendekreis überschritten, zieht mit den vom Passat geschwellten Segeln das Schiff in schnellem Lauf seinem Ziele zu. Mögen günstige Winde Dich, Du stolzes Schiff, stets schnell und sicher in den schützenden Hafen geleiten.
Diesem Wunsche soll Dein Name Ausdruck geben.
Ich taufe Dich Passat."
Januar 1912 Antritt der ersten Reise nach Chile
Kommando: Kapitän Wendler
Die Passat erweist sich als vorzüglicher Segler. Von der Elbe kommend, erreicht die Passat auf der zweiten Reise Valparaiso nach 73 Tagen.
1914 Angesichts des 1. Weltkrieges verbleibt die Passat fast sieben Jahre im Hafen von Iquique
Mai 1921 Fortsetzung der Reise von Chile nach Marseille
Kommando: Kapitän Pieper
Dort wird die Ladung gelöscht und das Schiff aufgrund des verlorenen Krieges an Frankreich ausgeliefert. Diese haben jedoch keine Verwendung für die Passat und bieten sie zum Verkauf an.
Dezember 1921 Rückkauf des eigenen Schiffes an die Reederei Laeisz
Preis: 13.000 Pfund
Januar 1922 Offizielle Übernahme der Passat
Die Passat wird wieder in der Salpeterfahrt eingesetzt.
1927 Stolze Zeiten der Passat
- in 67 Tagen vom englischen Kanal nach Coral
- zurück in 75 Tagen Hinsichtlich der Rentabilität kann die Passat von keinem anderen Dampfer geschlagen werden.
August 1928 Kollision mit dem französischen Dampfer "Daphne"
In der Werft in Rotterdam werden die Schäden an der Passat repariert.
September 1928 Fortsetzung der Reise nach Chile
Juni 1929 Erneute Kollision, diesmal mit dem englischen Dampfer "British Governor" am Backbordbug der Passat
Das Schiff wird erneut nach Rotterdam zurückgebracht, um die Schäden zu reparieren.
Juni 1929 Die Passat kann wieder in See stechen
1932 Die schwere Weltwirtschaftskrise zwingt Laeisz die Passat zu verkaufen
Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges macht die Passat unter der Kontorflagge von Eriksen, ohne größere Havarien mit außerordentlicher Seetüchtigkeit und seglerischer Leistungsfähigkeit zum Wohle der Reederei, noch sieben Reisen nach Australien
August 1939 Die Passat geht auf der geschützten Reede ihres Heimathafens vor Anker
1944 Die Passat wird nach Stockholm geschleppt, um dort als Getreidespeicher zu dienen
Nach 1947 nur noch eine Reise unter finnischer Flagge Die Hoffnung, die Tradition des frachttragenden Tiefwasserseglers lebendig zu halten, geht mit dem Tod des bedeutenden Gustav Eriksen zu Ende. Die Passat wird verkauft und als Lagerraum an die englische Regierung verchartert.
1951 Ablauf der Charter. Die Passat soll in Antwerpen abgewrackt werden. Dies verhindert ein Mann, der sich mit Leidenschaft für große Segelschiffe einsetzt und darin seine Lebensaufgabe sieht: Kapitän Grubbe. Ihm gelingt es, den Reeder Heinz Schliewen von seiner Idee zu überzeugen. Dieser kauft die Passat auf.
Juni 1951 Einfuhr der Passat in Travemünde - Kommando: Kapitän Grubbe. Kurze Zeit später gründliche Überholung und Modernisierung der Passat in Kiel. Aus Kostengründen wird ein Hilfsmotor eines ehemaligen U-Boot-Diesels von 1000 PS eingebaut.
Februar 1952 Auslauf zur ersten Reise unter deutscher Flagge als frachttragendes Segelschulschiff mit 54 Kadetten an Bord nach Südamerika - Kommando: Kapitän Hermann Heuer
Dezember 1952 Zweite Reise von der Ostküste Südamerikas nach Aarhus/ Dänemark - Kommando: Kapitän Günther
Februar 1953 Konkurs der Reederei Schliewen Treuehändler: Kapitän Grubbe Passat wird nach Travemünde überführt
1957 Übernahme der Passat von einer von deutschen Reedern gegründeten Stiftung. Unter der Kontorflagge von Zerssen & Co. macht die Passat fünf glückliche Reisen nach Argentinien und Uruguay
1959 Die Passat wird endgültig außer Dienst gestellt
Das ist das Ende des frachtfahrenden Segelschulschiffes.
Noch im gleichen Jahr wird die Viermastbark Passat an die Hansestadt Lübeck verkauft. Seitdem liegt der stolze Tiefwassersegler als letzter Zeuge des Segelschiffszeitalters in Travemünde.